metamorworks/AdobeStock

Ursachen chronischer Bauchbeschwerden

15. Mai 2020

Chronische Darmbeschwerden wie Bauchschmerzen, Blähbauch und Verstopfungen können viele Ursachen haben. Das bedeutet für den behandelnden Arzt oder Therapeuten: Er muss sich auf die Suche begeben und die möglichen Ursachen nacheinander abklären, bis er eine wirksame Behandlung einleiten kann. Dafür steht ihm eine Auswahl an Tests zur Verfügung.

Das sind mögliche Ursachen Ihrer Darmbeschwerden:

Darmflora aus dem Gleichgewicht

Darmbeschwerden können auf Veränderungen der Darmflora zurückgehen. Zum Beispiel treten chronische Darmbeschwerden häufig nach einer Darminfektion oder einer Behandlung mit Antibiotika auf. Der Grund: Infektionen und Antibiotika können die Zusammensetzung der Darmflora verändern und sie so in ihrer Funktion schwächen. Auch andere Medikamente wie Säureblocker können sich ungünstig auf die Darmflora auswirken, vor allem, wenn sie langfristig eingenommen werden.

Säureblocker verringern die Säure im Magen und lassen den pH-Wert im angrenzenden Dünndarm unverhältnismäßig ansteigen. Dadurch vermehren sich die Bakterien dort stärker als normal. Es kommt zu einer Fehlbesiedlung, die häufig Beschwerden verursacht.

Neben den Medikamenten beeinflusst auch unsere tägliche Lebensweise die Darmflora: Eine einseitige Ernährung, Stress und zu wenig Bewegung können zum Beispiel die bakterielle Gemeinschaft ungünstig verändern.

Zu viel Gas im gereizten Darm

Die Gase, die die Darmflora bei der Verdauung natürlicherweise bildet, können zum Problem werden, wenn die Darmschleimhaut gereizt ist. Herrschen bestimmte Bakteriengruppen im Darm vor, wirken manche Lebensmittel wie eine Luftpumpe. Das trifft besonders auf FODMAP-haltige Lebensmittel zu. Bei den FODMAPs handelt es sich vor allem um verschiedene Zuckerarten, die zum Teil zu den Ballaststoffen zählen. Bestimmte Bakterien wandeln FODMAPs höchst effizient in Gase um, und ein gereizter Darm reagiert auf die starke Dehnung mit Schmerzen.

Außerdem können FODMAPs osmotisch wirken. Das heißt: Sie ziehen Wasser in den Darm und lösen damit Durchfälle aus. In diesen Fällen kann es den Darm stark entlasten und die Beschwerden lindern, wenn die Betroffenen ihre Ernährung für etwa sechs bis 12 Wochen auf FODMAP-arme Lebensmittel umstellen.

Beeinträchtigte Darmschleimhaut

Veränderungen an der Darmschleimhaut können ebenfalls Beschwerden verursachen. Ist die Nährstoffversorgung der Darmschleimhaut eingeschränkt, kann sie in ihrer Funktion beeinträchtigt sein und sich sogar entzünden. Verantwortlich für die Versorgung mit Nährstoffen sind in erster Linie bestimmte Darmbakterien. Eine intakte Darmschleimhaut schleust Wasser und Nährstoffe gezielt in den Körper, während sie Krankheitserreger und Schadstoffe draußen hält. Funktionieren die Schleusen nicht mehr einwandfrei oder bleiben die Schleusen sogar komplett offen, strömen Krankheiterreger, Schadstoffe und Allergene ungehindert in den Körper. Fachleute sprechen von einem Leaky Gut – einem zu durchlässigen Darm. Das Leaky-Gut-Syndrom kann chronische, unterschwellige Entzündungen auslösen, die ihrerseits wieder viele Erkrankungen begünstigen. Auch Allergien treten beim Leaky Gut-Syndrom häufiger auf. Die Abwehrleistung an der Darmschleimhaut kann ebenfalls verändert sein. In einem gesunden Darm sitzen jede Menge Antikörper, Immunzellen und körpereigene Antibiotika, die den Körper schützen, indem sie schädliche Stoffe und Krankheitserreger abwehren.

Nährstoffabbau ist eingeschränkt

Die Darmschleimhaut ist für die Verdauung der Nahrung mitverantwortlich, genauso wie die Bauchspeicheldrüse und die Gallensäuren aus der Leber. Erst wenn die Nahrungsbestandteile zerkleinert sind, kann die Darmschleimhaut sie ins Körperinnere aufnehmen. Besonders bei chronischen Erkrankungen des Magen-Darms-Trakts kann die Verdauungsleistung von Darmschleimhaut, Bauchspeicheldrüse und Gallensäuren eingeschränkt sein oder die Darmschleimhaut kann die Nährstoffe nicht mehr richtig aufnehmen. Das kann zu weiteren Beschwerden und Nährstoffmangel führen.

Milch- und Fruchtzucker: Nicht für jeden verträglich

Bei einer Milch- oder Fruchtzucker-Unverträglichkeit kann der Dünndarm den entsprechenden Zucker nicht spalten oder aufnehmen. Fachbegriffe dafür sind Laktose-Intoleranz und Fruktose-Malabsorption. Die Zucker gelangen dadurch unverändert in den Dickdarm. Dort machen sich die Bakterien über die für sie schnell verdaulichen Zucker her und produzieren dabei jede Menge Gas, das schmerzhafte Blähungen und Stuhlunregelmäßigkeiten verursachen kann.

Entzündungsbotenstoff staut sich an

Weniger bekannt als die Zucker-Unverträglichkeiten ist die Histaminintoleranz. Histamin ist ein lebenswichtiger Botenstoff, der im Körper für allergieähnliche Symptome verantwortlich ist. Wir bilden das Histamin selbst und nehmen es zusätzlich noch über Lebensmittel auf. Bei einer Histaminintoleranz kann der Körper das anfallende Histamin nicht effektiv abbauen. Es staut sich dadurch im Körper an und verursacht zum Teil heftige Bauchbeschwerden.

Versteckte Allergie

Auch eine Lebensmittelallergie vom Typ-III* kann Auslöser chronischer Darmbeschwerden sein.

Bei den Lebensmittelallergien ist es wichtig, zwei Typen zu unterscheiden: Bei der Typ-I-Allergie wird zum Beispiel die Zunge sofort pelzig oder die Haut fängt an zu jucken, sobald der Betroffene auch nur Spuren des Lebensmittels isst; bei der Typ-III-Allergie verstärkt sich die Immunreaktion dagegen mit der Menge des gegessenen Lebensmittels. Die typischen Beschwerden wie Verdauungsstörungen und häufige Müdigkeit treten deutlich verzögert, manchmal sogar erst nach drei Tagen auf. Selbst mit Ernährungstagebuch sind die Beschwerden dem auslösenden Lebensmittel kaum zuzuordnen und die Betroffenen suchen oft jahrelang vergebens nach den Ursachen.

*Bitte beachten Sie: Wie bei vielen innovativen, diagnostischen Verfahren gibt es auch bei der Typ-III-Lebensmittelallergie-Diagnostik Befürworter und Gegner. So ist auch unsere Meinung in Fachkreisen umstritten. Insbesondere die Fachgruppe der deutschsprachigen Allergologen steht dem IgG-Antikörpertest im Zusammenhang mit Nahrungsmittelallergien laut einer aktuellen Leitlinie kritisch bis ablehnend gegenüber. So wird hier die Meinung vertreten, dass die mit dem diagnostischen Verfahren ermittelten immunologischen Werte (IgG-Antikörper-Titer) nur ein sich Auseinandersetzen des Körpers mit bestimmten Stoffen widerspiegeln. Ob damit eine Allergie verbunden sei, lasse sich aus diesen Werten nicht entnehmen. Aufgrund von Beobachtungen in unserer Praxis kann die KyberAllergoPlex-Diagnostik unserer Meinung nach jedoch gezielt eingesetzt werden, um Patienten mit chronischen Beschwerden wie Verstopfung, Blähungen und Durchfall, aber auch Entzündungen der Haut oder Migräne, zu helfen.

Weizen und seine Tücken

Eine leichte Form der Weizenunverträglichkeit ist die Weizensensitivität. Sie geht auf Eiweiße wie zum Beispiel die Lektine im Weizen zurück, die eigentlich die Pflanze vor Insektenfraß und Parasiten schützen sollen. Die Lektine sitzen direkt unter der Schale des Weizenkorns und sind deshalb vor allem in vollkornreicher Nahrung enthalten. Sie können an die Schleimhaut und Immunzellen im Darm binden und so Entzündungen und zum Beispiel ein Leaky-Gut-Syndrom auslösen.

Deutlich seltener löst Weizen eine schwere Immunreaktion aus: Die Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, die meist mit einer Allergie gegen das Gluten im Weizen beginnt. Weizen ist das am häufigsten verzehrte Getreide, Gluten ist jedoch auch in Roggen, Dinkel und anderen Getreiden enthalten.

Das Gluten verbindet sich mit körpereigenen Stoffen und lenkt damit die Immunreaktion auf den eigenen Körper. Bei weiterem Verzehr von Gluten greift das Immunsystem das Darmgewebe an, die Schleimhaut entzündet sich und die Darmzotten bilden sich zurück. Das hat weitreichende Folgen wie Mangelerscheinungen, verringertes Wachstum bei Kindern, chronische Verdauungsbeschwerden und Blutarmut. Betroffene müssen deshalb zeitlebens eine strenge glutenfreie Diät halten.

Durchfallerreger – aber ohne Durchfall

Nicht zuletzt können chronische Bauchbeschwerden auch auf eine Infektion mit einem Durchfallerreger zurückgehen, auch wenn der Betroffene nicht unter Durchfall leidet. Manchmal verursachen die Erreger auch nur Bauchschmerzen, die mal stärker und mal schwächer sind oder zwischendurch ganz nachlassen.

Die heute üblichen Fernreisen und die ansteigenden Temperaturen bringen immer häufiger Durchfallerreger in unsere Breiten, die hier bisher nicht heimisch waren. Bei Ärzten und Therapeuten stehen sie deshalb bei der Ursachensuche oft nicht im Vordergrund.

Etwas Geduld ist nötig

Chronische Bauchbeschwerden können also vielfältige Ursachen haben. Aber mit etwas Geduld können Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt oder Therapeuten die Ursachen Ihrer Beschwerden ausfindig machen und so über die passende Behandlung endlich Ihre Lebensqualität zurückgewinnen.

Die richtige Diagnostik für Ihre Darmbeschwerden – So einfach geht's!

Je nach Test benötigt Ihr Arzt oder Therapeut eine Stuhlprobe oder er nimmt Ihnen in der Praxis Blut ab. Bei Verdacht auf eine Milch- oder Fruchtzucker-Unverträglichkeit kann er auch einen Atemgastest durchführen.

Ist eine Stuhlprobe notwendig, erhalten Sie ein Stuhlentnahme-Set zum Mitnehmen. Zuhause befüllen Sie das Stuhlröhrchen entsprechend der ausführlichen Anleitung und senden es anschließend im Päckchen des Entnahmesets an das MVZ Institut für Mikroökologie GmbH.

Ihr Arzt oder Therapeut erhält nach etwa einer Woche einen Befund mit darauf abgestimmten Ernährungs- und Therapieempfehlungen. Selbstverständlich liegt die Auswahl der für Sie geeigneten Behandlungsmaßnahmen im Ermessen Ihres Arztes oder Therapeuten, der Sie und Ihre Beschwerden am besten kennt.