Für Ärzte und Therapeuten

Shigellen und Enteroinvasive E. coli (EIEC)

Shigellen und EIEC sind genetisch eng verwandt, beide gehören zur Familie der Enterobacteriaceae (1). 
Shigellen-Infektionen sind in Deutschland meldepflichtig, genau wie Infektionen mit allen im Text genannten pathogenen E. coli-Stämmen (2).

Moderne molekularbiologische Verfahren diagnostizieren Shigellen- und EIEC-Infektionen sicher über den Virulenzfaktor ipaH (Invasionsplasmid Antigen H). Er liegt gemeinsam mit anderen Virulenzfaktoren auf einem Virulenzplasmid, das Shigellen und EIEC gleichermaßen besitzen (3). Anders als EIEC produzieren Shigellen jedoch zusätzlich ein Shiga-Toxin.

Das Enteropathogene-Erreger-Panel weist Shigellen und EIEC schnell und zuverlässig nach.

Der Virulenzfaktor ipaH vermittelt beiden Bakterien die Fähigkeit, in die Zellen des Dickdarmepithels einzudringen und sich dann seitlich in die benachbarten Zellen auszubreiten. Entsprechend ähnelt sich das ausgelöste Krankheitsbild1 und Infektionen mit Shigellen und EIEC werden im Allgemeinen gleich behandelt (3).

Trotz ihrer engen Verwandtschaft kann die klassische Mikrobiologie Shigellen und EIEC leicht unterscheiden: EIEC sind zum Beispiel beweglich und können Laktose abbauen, Shigellen dagegen nicht (1).

Shigellen

Die Gattung Shigella hat vier Arten: Shigella dysenteriae, Shigella flexneri, Shigella boydii und Shigella sonnei
Die drei erstgenannten Shigella-Arten dominieren in den Entwicklungsländern. Infektionen mit Shigella sonnei treten dagegen vor allem in den Industrienationen auf, aber auch Shigella dysenteriae kommt dort vor. 
Shigella dysenteriae ist widerstandfähig gegen Magensäure, deshalb können bereits zehn Bakterien eine Infektion auslösen (1). Damit ähnelt die Infektiosität von Shigella dysenteriae der von Noroviren (4).

Pathogenese und Symptomatik

Shigellen besiedeln den Dickdarm. Dort dringen sie in die Kolon-Epithelzellen ein, vermehren sich rasch und breiten sich in die benachbarten Zellen aus. Die Lamina propria und die gesamte Mukosa entzünden sich, der Stuhl der Patienten ist deshalb oft blutig. 
Zusätzlich nimmt das Dickdarm-Epithel das Shiga-Toxin über Endozytose auf. Das Shiga-Toxin stoppt daraufhin die Protein-Synthese der Epithelzellen.

Hauptsymptome einer Shigellose sind milde bis starke Durchfälle, die wässerig oder blutig sein können. Fieber und Übelkeit gehören mit zu den Hauptsymptomen.

Adominale Schmerzen, Krämpfe, Erbrechen und Eiter oder Schleim im Stuhl können ebenfalls auftreten (1).

Übertragung

Shigellen verbreiten sich fäkal-oral durch direkten Kontakt mit infizierten Menschen, aber auch indirekt über Schmierinfektionen. Häufigste Infektionsquelle sind Trinkwasser und Lebensmittel, die mit Fäkalien infizierter Personen in Kontakt gekommen sind. 
Kontaminierte rohe Früchte und rohes Gemüse haben in der Vergangenheit große Ausbrüche verursacht. Auch Kräuter wie Petersilie, die das Küchenpersonal stundenlang geschnitten bei Raumtemperatur lagert, haben bereits Infektionen ausgelöst (1).

Enteroinvasive E. coli (EIEC)

EIEC-Infektionen sind vor allem in Ländern der warmen Klimazonen mit schlechtem Hygienestandard von Bedeutung (5). In Europa sind sie selten; auch weltweit kommen sie weniger häufig vor als ETEC- und EPEC-Infektionen (6). 
In Deutschland treten EIEC-Infektionen vor allem bei Reiserückkehrern aus Ägypten, Indien, Mittel- und Südamerika, der Türkei und dem Balkan auf.

Pathogenese und Symptomatik

Anders als die Shigellen produzieren EIEC kein Shigatoxin. Davon abgesehen läuft die Infektion ähnlich ab wie bei den Shigellen: EIEC besiedeln den Dickdarm, dringen in die Epithelzellen ein und vermehren sich schnell. Anschließend breiten sie sich in die benachbarten Epithelzellen aus1.

Wie bereits bei den Shigellen geschildert, entzündet sich das Epithel und es kommt zu blutigen, schleimigen Durchfällen. Die Durchfälle treten bei EIEC-Infektionen aber später auf als bei Shigellen-Infektionen und die Infektionen verlaufen insgesamt weniger schwer (7). 
Allerdings können EIEC ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) hervorrufen (1).

Übertragung

EIEC-Infektionen können ebenfalls durch Wasser und Lebensmittel entstehen, die mit Fäkalien infizierter Menschen in Kontakt gekommen sind. Besonders Hamburger-Fleisch und unpasteurisierte Milch sind Quellen von EIEC (1).

Literatur

  1. Forsythe, S. The Microbiology of Safe Food, 2. Auflage. Verlag Wiley-Blackwell, 2011.
  2. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG), Stand 17.7.2017, § 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern.
  3. Film Array TM Gastrointestinal (GI) Panel Benutzerhandbuch. Biofire, Stand 2014.
  4. Ratgeber des Robert-Koch-Instituts (RKI). Norovirus Gastroenteritis Stand 26. Juli 2008.
  5. Mikrobielle Risiken von Lebensmitteln, Internetseite des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) www.bfr.bund.de/de/escherichia_coli-54352.html, abgerufen am 11.09.2018.
  6. Versalovic, J. & American Society for Microbiology. Manual of clinical microbiology. ASM Press, 2011.
  7. Ud-Din A. & S. Wahid. Relationship among Shigella spp. and enteroinvasive Escherichia coli (EIEC) and their differentiation. Brazilian Journal of Microbiology  2014; 45: 1131-1138.